Aus der Praxis: Heimweh

Aus der Praxis: Heimweh

Eine Mutter besuchte mich mit ihrem Sohn (9J.), weil sie Mühe hatte, ihn ins erste Klassenlager ziehen zu lassen. Sie selbst hatte bereits als Kind immer Heimweh in solchen Situationen. Auch ihr Sohn hatte Angst, ins Klassenlager zu gehen, schlief nicht mehr, ass nicht mehr.

In dieser Situation entscheide ich mich, das Bild vorzugeben. Das Kind darf zwei Figuren für seine Eltern auswählen und eine für sich. Ausserdem wählt es zwei Garne aus, die wir bei den Figuren um Mutters und Vaters Bauch binden. Die Enden wickeln wir lose um das Kind. Die Fäden stellen das Leben dar, das von den Eltern zu dem Kind fliesst. Das Kind und die Mutter erzählen von Situationen, in denen das Kind in der Vergangenheit in die Fremde ging. Es sind Ausflüge zur Grossmutter, bei der das Kind schon oft alleine übernachtet hat. Auch bei einem Klassenkameraden hat es schon geschlafen. Dies waren gute Erlebnisse. Wir spielen diese indem das Kind seine Figur von den Eltern weg und wieder zu ihnen führt. Dabei bleibt das Kind durch die Fäden in Kontakt mit seinen Eltern. Das Kind sagt spontan: «Ich bin ja immer verbunden!» Ich bitte das Kind nun, einen Ort für das Klassenlager im Raum zu suchen und die Figur dorthin zu stellen. Das Kind stellt die Figur etwas weiter weg. Über die Lebensfäden bleibt die Figur mit den Eltern verbunden. Ich frage das Kind: «Wie geht es deiner Figur nun im Klassenlager.» Das Kind antwortet: «Er hat Spass.» Anschliessend stellen wir aus den beiden Garnen zwei Kordeln her: Eine für das Kind und eine für die Eltern. Das Kind kann die Kordel ins Klassenlager mitnehmen und sich an die Verbindung zu seinen Eltern erinnern.

Eine Nachfrage nach dem Klassenlager ergibt, dass das Kind ab und zu vom Heimweh anderer Kinder angesteckt wurde, dass dies aber schnell wieder vorbei war.

Beitrag von Irene Lötscher

www.muehleraum.ch